POP
CDs
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NEUES AUS
DER
MUSIKWELT
Bonnie Dobson
TAKE ME FOR A WALK IN
THE MORNING DEW
Hombeam/Soulfood CD
(60’)
Anders als beim Debüt-Album
von Jeff Beck Group und Grate-
ful Dead ist hier Tim Rose nicht
mehr als Koautor ihres Folk-Ever-
greens „Morning Dew“ genannt.
Der hatte sich diesen Status und
damit viel Geld erschwindelt. Die
auch von Robert Plant geschätz-
te Folk-Legende Bonnie Dobson
wurde bei den Sessions zu diesem
Comeback-Projekt bei eigenen
Klassikern („I Got Stung“) und
Traditionals (wie „V’la l’bon vent“)
von exzellenter Band und B. J. Cole
als Crack an Pedal Steel und Dobro
begleitet. Beim folkrockigen „Born
In The Country“ klingt sie wie ein
Teenager!
F
. Sch.
MUSIK ★ ★ ★
*★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ ___________
Zur Jahrtausendwende avancierte
Bebel Gilberto zur Galionsfigur der
Brazilectro-Bewegung.
14
Jahre
nachdem Joao Gilbertos talentier-
te Tochter mit „Tanto Tempo“ der
Durchbruch gelang und fünf Jahre
nach „All In One“ knüpft sie nahtlos
an ihr letztes Werk an. Auch auf Al-
bum Nr.
5
mischt die Sängerin por-
tugiesische und englische Songs,
darunter eine subtile Fassung von
Neil Youngs „Harvest Moon“. Als
weiteres Highlight entpuppt sich
der beschwingte Samba „Novas
Ideias“ im Duett mit Seu Jorge. Vom
Electro-Bossa hat sich die Sängerin
zugunsten eines traditionelleren
Klangbildes aus der prädigitalen
Ära verabschiedet.
wz
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ ___________
Bebel G ilberto
TUDO
Portrait/Sony CD
(42"
y.mnznnm
G e s c h i c h t e d e r P o p m u s i k
Den hohen Anspruch, welchen der Titel
suggeriert, erfüllt dieses Buch nicht ganz
Wer von diesem Buch eine seman-
tische Analyse des Begriffs Pop in
allen heute gängigen Varianten
von Bedeutung, einen historischen
Abriss der Entwicklung der popu-
lären Musik im Laufe der letzten
ein oder zwei Jahrhunderte in der
westlichen Hemisphäre oder aber
eine Sammlung luzider „Minima
Moralia“ zur Popmusik seit dem
Aufstieg von Frank Sinatra und Elvis
Presley zu zeitlosen Ikonen dersel-
ben erwartet, wird hier dem Titel
zum Trotz nicht fündig. Eigentlich
setzt der Autor beim Leser reichli-
che Kenntnisse über die wichtigsten
pophistorischen Daten wie etwa den
Urknall und die Geburtsstunde der
modernen Country Music in Bristol,
Tennessee, im Sommer
1927
oder
die Bedeutung der Firma Paramount
Records für die erste Ära von Blues-
Aufnahmen als selbstverständlich
voraus.
Zwischendurch nimmt er sich
ausführlich Zeit, um auf die Rollen
einzugehen, die etwa der Verleger/
Produzent Ralph Peer, der Erfinder
Emil Berliner oder ein Jazz-Fan wie
John Hammond sr. in der Entwick-
lung der Populärmusik spielten.
Show-Großmeister Cab Calloway,
Sun Record-Boss Sam
Phillips
oder der für die Geschichte des
Rhythm & Blues so wichtige Atlan-
tic Records-Gründer Ahmet Ertegün
(dessen Name konsequent immer
falsch Ahmed Ertegun buchstabiert
wird) tauchen hier genauso auf wie
Bo Diddley, Bob Dylan und Rolling
Stones - zentrale Figuren der (den
Begriff sehr weit fassend) Popmu-
sik, in der Bruckmaier auch den von
ihm höchst geschätzten John Fahey
verortet.
Auf das aufsässige und antikon-
formistische Element, das manchen
Varianten populärer Musik zumin-
dest eine ganze Zeitlang eigen
war, kommt er immer wieder mal
zurück. Die abschätzige Kritik des
Philosophen Theodor W. Adorno
Kelley M ickwee
YOU USED TO LIVE HERE
Blue Rose CD
Nach dem ersten und einzigen
Album mit den Trishas wechselte
Kelley Mickwee vom Country- ins
Soul-Fach, nur um bei ihrem Solo-
debüt öfter wieder rückfällig zu
werden. „River Girl“ wurde stilecht
dem klassischen Sound des Muscle
Shoals Studios (Rolling Stones,
Bobby Womach usw.) nachemp-
funden, wobei die Sängerin mehr
an Candi Staton denn an ihr Idol
Aretha Franklin erinnert. Ihre besten
Interpretationen liefert sie bei Eliza
Gilkysons „Dark Side Of Town“ und
dem herzzerreißend nachempfunde-
nen „Blameless“ von John Fullbright:
Dieses Liebeslied unter den nur
sieben Aufnahmen ist ihr größtes
Versprechen für die Zukunft.
F
. Sch.
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ ___________
Karl Bruckmaier: The Story Of Pop
(Murmann Verlag), 352 S., 29,99 Euro
an allem Jazz teilt er - wie er den-
selben zitiert - offensichtlich nicht.
Ein Beispiel hätte er sich an Letz-
terem aber manchmal besser doch
genommen und mehr geschliffene
Aphorismen zu der Fülle angerisse-
ner Themen formuliert, anstatt mit
öfter wilden Gedankensprüngen und
Assoziationen auch befremdlicher
und ausschweifender Art profundes
Denken vorzutäuschen. Nik Cohns
1972
bei Rowohlt unter einem bei
Little Richard entliehenen deutschen
Titel erschienenes „Pop From The
Beginning“ (im Vorwort als „das mei-
ner Meinung nach beste Buch über
Pop, das je geschrieben worden ist“
gelobt) blieb für ihn wohl immer eine
Quelle der Inspiration.
Franz Schöler
Flowers
DO WHAT YOU WANT TO,
IT’S WHAT YOU SHOULD DO
Fortuna Pop!/Cargo CD
(39‘
Die Flowers kommen mit sehr we-
nig aus. In fast allen der
14
kurzen
Titel genügen den Debütanten aus
London eine blechern verstärkte
Schrammelgitarre und ein sparta-
nisches Schlagzeug als Klangbasis.
Darüber zieht Rachel Kennedy mit
einer außergewöhnlich hohen Stim-
me, deren grelle Spitzen nicht je-
dermanns Fall sein dürften, einsam
ihre Kreise. So wenig einladend
sich das lesen mag, das Trio schafft
es, mit äußerst bescheidenen Mit-
teln einen ziemlich guten Pop voller
einprägsamer Tonfolgen zu erschaf-
fen. Bernard Butler (Suede) hat die
Ohrwürmer luftig-klar produziert.
hake
MUSIK ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Larkin Poe
SKIN
RH
Music/RT CD
Nach
ihrem „Jahreszeiten-Zyk-
lus“ und „Thick As Thieves“ kann
man
das
aktuelle Album
der
Lovell-Schwestern kaum als Debüt
betrachten. „We call it root-rock
,n‘ soul“ erklären sie im Presse-
waschzettel. Von den typischen
Spaghetti Western-Klängen der
Gitarre in „Banks Of Allatoona“
bis zu gelegentlichen Anklängen
an die Wilson-Schwestern (alias
Heart) und Led Zeppelin ist das ein
wohl gewollt irritierender Stilmix.
Die kleine Folk-Elegie „Overachie-
ver“ reservierten sie für das Finale.
Vorher fusionierten sie bei „Don’t“
Glamrock a la Slade mit Abba. So
viel Frivolität muss man mögen.
F
. Sch.
MUSIK ★ ★ ★
KLANG
★ ★ ★ ★
138 STEREO 10/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht
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